A review by merle748b7
Das Liebespaar des Jahrhunderts by Julia Schoch

emotional reflective sad slow-paced
  • Plot- or character-driven? Character

3.75

Ich verstehe dieses Buch nicht als Liebesgeschichte, viel mehr als Schilderung einer Frau, die sich an der Idee von dem, was sie für die "echte Liebe" hält über Jahrzehnte festklammert. Bereits die Erinnerung des ersten Sommers des Verliebens ist gefüllt mit roten Fahnen. Früh denkt die Erzählerin über eine Trennung nach, immer und immer wieder, dreißig Jahre lang (Dreißig! Jahre! Lang!), das erste Mal bereits vor dem ersten Kind. Es wird sich festgeklammert an eine vermeintliche Überlegenheit, wenn befreundete Beziehungen auseinander gehen, dabei ist die hier erzählte Paarbeziehung zu keinem Zeitpunkt eine, in der zwei Menschen miteinander als Team arbeiten. Auf keiner Seite des Buches taucht ein Gespräch über die eigenen Gefühle, geführt mit Wohlwollen gegenüber einem selbst und dem Gegenüber, auf. Stattdessen kuratiert die Erzählerin, welche Lektüren sie ihrem Partner zeigt, der diese dann doch meist negativ bewertet. Zweimal erkrankt die Erzählerin an depressiven Episoden, die erste scheint über Jahre anzuhalten. Zu einer Auseinandersetzung mit der Diskrepanz zwischen der Geschichte, die sie sich und uns erzählt, und der tatsächlichen Realität, die aus den Zeilen herausspringt, führt die Erkrankung nicht. Gesprächstherapie hätte helfen können, taucht aber nicht auf. Immer wieder versichert sich die Erzählerin, dass sie ja immerhin die "echte Liebe" erlebt hätte und ich komme nicht umhin zu fragen: Hat sie dies? Oder hat sie sich selbst aufgegeben in der Annahme, dies müsse sie tun, um in einer "echten Liebe" zu sein.
Dieses Buch ist ebenso wenig ein Liebesroman wie Wuthering Heights einer ist.